Ich bin Antigewalt-Trainer und das aus tiefster Überzeugung und noch dazu mit stetig zunehmender Begeisterung. Diese Überzeugung war nicht immer in dieser Konsequenz ausgeprägt. Es gab eine Entwicklung und in dem Zusammenhang natürlich auch Schlüsselereignisse. Geblieben ist eine nicht zu leugnende Faszination für Gewalt affine Punk- und Oi!-Musik.
In diesem Zusammenhang wäre es nicht fair, FATALE VOLLGEN aus Neubrandenburg auf eben solche Lyrics zu reduzieren. Und doch freue ich mich tierisch, dass sie auf ihrer LP „Krieg oder Frieden“ zum 20-jährigen Bandjubiläum mit „Pansenboys“ einen ihrer größten Hits neu eingespielt haben. Sänger Kaisa dazu im LP-Booklet: „Das war für mich immer sehr faszinierend zu beobachten, dass der geistige Erguss einer halben Berufsschulstunde solchen Widerhall findet. Plötzlich brüllen 50 Typen, von denen du nicht mal alle kennst, deine Textzeilen mit drohend erhobenen Bierflaschen mit und meinen das mit den Bullen, Schiris und Gegnern vollkommen ernst. Großartig.“ Im Interview fürs „Auf Jahre unschlagbar —Fanzine für Fußlümmelei“ (N° 4, 2015) hatte ich ihn auch dazu befragt. Kaisa: „Den Text „Pansenboys“ von unserem ersten Tape sollte man schon mit einem zwinkernden Auge betrachten und als lustige Hommage an unsere Jungs und die wilden Fußballtage verstehen.“
Neben neuen Songs wie „Festung Europa“ und „Fuck“ („Fick die AfD!“), die vor allem durch ihre guten Texte bestechen, haben es mir ansonsten insbesondere die Klassiker von damals angetan — „Meine Straße“, den ich 2000 auf 7-Inch rausgebracht habe, und vor allem „Zusammenhalt“ vom 97er Tape „Killerkommando“ mit einem der damals schonungslosesten Szene-kritischen Song-Texte, welcher seitdem leider nie wirklich an Aktualität verloren hat: „Punx und Skinz Zusammenhalt ist mir doch völlig Wurst. Für mich nur ein paar Worte und viel zu viel Gerede, denn geht’s mal hart auf hart zu, heißt es trotzdem oftmals jeder gegen jeden. Zusammenhalt, Kids United, kann’s sowas noch geben? Freundschaft ist mir wichtiger als irgendwelche Phrasen!“
Der Sound der Platte ist satt, flotter und treibender als damals. Kaisas prägnante Stimme reißt mit wie eh und je. Und die zwischen die Songs geschnittenen Samples sind eine schöne Reminiszenz an die DIY-Punk-Kultur mit all ihrer Liebe zum Detail.
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